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    1945 gründet Walter Haefner die «Neue AMAG». Bereits zwei Jahre nach der Gründung der AMAG kauft Walter Haefner in der Nähe der Bahnstation von Schinznach-Bad das grosse, stillgelegte Areal einer ehemaligen Zementfabrik – und beginnt dort mit dem Bau der Fertigungshallen für die Automontage, wo unter dem Label «ASAG Automontage Schinznach AG» von 1949 bis 1972 Wagen der Marken Chrysler, Plymouth, De Soto, Standard, Studebaker, VW Karmann-Ghia und Dodge produziert werden.
    Nach dem Krieg bemühen sich etliche Firmen, die seit 1945 im deutschen Wolfsburg hergestellten Volkswagen endlich in die Schweiz zu bringen. Die Engländer haben das zerstörte Wolfsburger Werk wieder auf Vordermann gebracht. Und reparieren dort sogenannte Beutefahrzeuge – meist Volkswagen – und führen diese den Alliierten zu. Verantwortlich für die Anlage, die Rohstofflieferung und den Absatz der ersten, selbst produzierten Autos ist Colonel Charles Radclyffe von der Control Commission of Germany (CCG). Der macht seine Sache gut, denn bereits Ende 1946 läuft der 10'000. Volkswagen aus der Nachkriegsproduktion vom Fliessband.
    Haefner reist wiederholt nach Deutschland, um die begehrten VW endlich auch in die Schweiz importieren zu können. Sein guter Ruf und sein weitläufiges Beziehungsnetz machen sich bezahlt. Er findet in Colonel Radclyffe einen neuen Verbündeten. Der zitiert den Zürcher 1948 schliesslich nach Wolfsburg, wo am 29. April im Büro des leitenden VW-Mannes Heinrich Nordhoff die alles entscheidende Sitzung stattfindet. Walter Haefner erinnerte sich in Erzählungen daran, wie die durch den Krieg zerstörten Fenster notdürftig mit Packpapier zugeklebt waren.

    Dann wird Klartext gesprochen: Der Oberst bedeutet Nordhoff, entweder er schreibt jetzt den Importvertrag für die Schweiz innert einer Viertelstunde für Haefners Neue AMAG – oder er ist augenblicklich seines Postens enthoben. Nach Unterzeichnung kommen im Mai 1948 die ersten 50 VW Käfer in die Schweiz, gefahren von fünfzig Werksangehörigen. Der VW-Tross, der über leere deutsche Autobahnen der Schweizer Grenze entgegenrollt, wird begleitet von einem Werksfahrzeug mit Ersatzteilen und einem Küchenwagen für die Verpflegung der Chauffeure. Der Triumphzug des Volkswagen ist nicht zu stoppen; in der Schweiz und im Rest der Welt. 1950 wird Haefner gar als einziger Ausländer und Importeur in den Aufsichtsrat der Volkswagenwerke berufen, was quasi einem Ritterschlag gleichkommt. Die enge Verbindung von VW mit der AMAG hat auch nach fast 70 Jahren später noch Bestand. Das qualitativ hochstehende Produkt, ein realistischer Preis, ausgezeichnete Serviceleistungen und ein dichtes Vertreternetz sorgen dafür, dass Volkswagen die meistgefahrene Marke in der Schweiz ist. Der 10'000. Käfer findet bei uns 1954 seinen Käufer – damit ist die erste von vielen Rekordmarken erreicht. Unter Walter Haefners Führung wird 1951 auch Porsche in den erlauchten Kreis der AMAG Familie aufgenommen. Und es soll nicht die letzte Automarke sein – später folgen Audi (1967), SEAT (1984) und Škoda (1992).
    So sehr der Visionär mit dem Erfolg der AMAG verbunden ist: Es ist längst nicht das einzige Unternehmen, das er in seiner beispiellosen beruflichen Karriere ganz nach oben führt. 1950 ruft Haefner die Novelectric, eine Firma für Haushaltsmaschinen, ins Leben. Er erkennt aber auch früh die stärker werdende Bedeutung der elektronischen Datenverarbeitung und gründet 1960 die Automation Center AG in Wettingen. Das Unternehmen wächst explosionsartig. Durch den schrittweisen Verkauf seiner Datenverarbeitungsfirma in die USA erreicht Haefner 1987 eine 20,5%-Beteiligung an CA Technologies.

    Dass Walter Haefner seiner Zeit immer voraus ist, zeigt auch sein Umgang mit den Mitarbeitenden. 1957, als sich das Frauenstimmrecht in der Schweiz noch wie ein Zukunftsroman anhört, weiss der AMAG Patron bereits, was zum guten Ton gehört. Darum lädt er zur damaligen Jahresversammlung nicht nur alle 200 Vertreter seiner Firma, sondern auch deren Gattinnen ein. Wo denselbigen exklusiv die Sommerkollektion von Charles Veillon vorgestellt wird und später das Hazy-Osterwald-Orchester zum Tanz aufspielt. Der stets zukunftsorientierte Geschäftsmann dachte nie nur eigennützig. So werden bei der AMAG bereits in den frühen Fünfzigerjahren Ausfahrten für Betagte organisiert – unter dem Motto «Die Jungen für die Alten». Dabei chauffieren bis zu 400 AMAG Kunden in einer langen Autokolonne ältere Mitmenschen aus Heimen und Spitälern durch die Frühlingslandschaft.

    Walter Haefners soziales Engagement ist beeindruckend und umfangreich. Die von ihm gegründete, gleichnamige Stiftung unterstützt verschiedene gemeinnützige Einrichtungen. Als Kunst- und Kulturliebhaber liegt es ihm aber auch am Herzen, insbesondere in seiner Heimatstadt Zürich zu wirken. So gründet er in den 60er-Jahren die Alberto Giacometti-Stiftung mit, spendet wiederholt für den Ankaufsfonds des Kunsthauses, amtet bei der Zürcher Kunstgesellschaft als Vorstandsmitglied und versorgt das Opernhaus sowie das Zürcher Kammerorchester mit entsprechenden Mitteln. Sein Vertrauen in junge Talente zeigt sich auch bei der Unterstützung der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Über seine Zuwendungen förderte er Forschende, Lehrer und Studierende der ETH. Als Akt der Wertschätzung für ihren Gönner benennt die ETH-Schulleitung den ehemaligen Hörsaal F5 im Hauptgebäude der ETH Zürich am 1. Juni 2011 offiziell in den «Walter Haefner Hörsaal» um.

    Auch seine persönlichen Schätze teilte er mit der Allgemeinheit: 1995 schenkt der Mäzen dem Kunsthaus Zürich zwölf bedeutende Gemälde, darunter Klassiker von Vincent van Gogh («Weisse Hütten bei Saintes-Maries»), Claude Monet («Der Dogenpalast, gesehen von San Giorgio Maggiore») und Edgar Degas («Auf dem Rennplatz»).

    Der Blick fürs Schöne ist ihm immer geblieben, wie auch die Neugier. Hätte er sonst mit 76 Jahren noch angefangen, Klavier zu spielen? Die Werke Schumanns mochte er besonders, dessen Stücke verträumt und wild zugleich sind. Wild entschlossen geht Haefner auch seinen anderen Nebenbeschäftigungen nach. Er gewinnt als 50-Jähriger Pferderennen als Jockey und fegt in St. Moritz – bäuchlings auf einem speziellen Rodelschlitten – durch den legendären Cresta Run Eiskanal. Doch das Adrenalin muss nicht immer pumpen, was sein Faible für das Züchten von Orchideen zeigt. Walter Haefner – ein Mann mit vielen Facetten und voller Energie – traf man bis ins hohe Alter in seinem Büro an. 2006 hatte Walter Haefner die geschäftliche Gesamtverantwortung an seinen Sohn Martin übergeben und damit über seinen Tod hinaus für Kontinuität im Familienunternehmen gesorgt.

    Freundschaftliche Beziehungen: Walter Haefner (links) mit Professor Dr. Heinrich Nordhoff. Er baute das Volkswagenwerk nach dem Zweiten Weltkrieg aus.