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    Der Pferdezüchter

     

    «Alles Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde.» Das Sprichwort ist alt, doch leidenschaftliche Reiter nicken es heute noch zustimmend ab. So auch AMAG Gründer Walter Haefner. Er kam quasi auf Rezept zum Pferdesport. Sein Arzt legte dem Geschäftsmann nahe, einen Ausgleich zu schaffen und es mal mit dem Reiten zu versuchen. Haefner stimmte zu – und entfachte damit unerwartet eine neue Leidenschaft. Und die beschränkte sich nicht auf gemütliche Ausritte. Der Unternehmer wollte mehr – und gründete gleich eine Vollblutzucht. Sie liegt im Herzen von Irland, nur 50 Kilometer von Dublin entfernt. Der Hof Moyglare Stud ist über 120 Hektaren gross. Dort grasen sie: stolze, adlige Vierbeiner, die sich nicht mit dem Schönsein zufriedengeben, sondern äusserst impulsiv sind.

    Zu dem Gehöft kam der Patron unverhofft. Mit dem Vorhaben, ein Springpferd zu kaufen, reist er 1962 nach Irland. Im Hotel in Dublin herrscht abends kaum noch Betrieb – und so kommt Haefner schnell mit einem weiteren Gentleman ins Gespräch. Eric Miville, selbst ein Pferdezüchter und ebenfalls aus der Schweiz, schwärmt von irischen Vollblütern und deren Zucht und weckt bei seinem Gegenüber sofort reges Interesse. Einige Whiskeys später steht um drei Uhr morgens fest: Statt eines einzelnen Pferdes will Haefner nun ein ganzes Gestüt kaufen. Die Besichtigung desselbigen besiegelt den kurzfristig geschmiedeten Plan – der Schweizer Geschäftsmann erwirbt das Anwesen für 48'000 Pfund. Und Eric Miville wird der erste Gestütsleiter von Moyglare.

    Haefners Liebe zu Pferden kommt nicht von ungefähr. Als Kind freundet er sich mit den sanften Riesen auf dem Bauernhof eines Onkels an. Als Rekrut gehört er zu den berittenen Mitrailleuren – doch richtig aktiv am Pferdesport nimmt er erst kurz vor seinem 50. Geburtstag teil. Statt wie andere in seinem Alter eher einen Gang zurückzuschalten, beschliesst Haefner, jetzt noch eine Karriere als Amateurrennreiter zu starten. Seinen ersten öffentlichen Wettkampf bestreitet er am 12. Juni 1960 – und holt auf dem Rücken von «Toujours» den sechsten Platz. Drei Monate später schafft er es in Luzern auf den vierten Platz. Diesmal auf dem Hengst «Starking» für den eigenen Stall Maloja. Sein Jockey-Outfit? Blauweiss gestreift wie das Wappen von Zürich – und Maloja heisst seine Ferienwohnung im Oberengadin. Zwölf Tage nach seinem 50. Geburtstag folgt bereits der erste Sieg in Aarau. Es soll nicht sein letzter sein. Die Erfolge des grau melierten Reiters mehren sich. Was sowohl die Presse wie auch der Schweizer Rennreiterverband zu würdigen wissen. In dessen Jahresbericht steht unter anderem: «Mit grosser Genugtuung erfüllt uns der Sieg im Sonderklassement der Flachrennen durch Walter Haefner ...». Und weiter heisst es: «Er ritt in Deutschland, Frankreich, England, Österreich, Italien, Holland, Spanien und Belgien und vollbrachte als einer der ältesten Teilnehmer an dem von über 100 Amateuren aus allen Ländern umkämpften Championnat eine grosse, überall anerkannte Leistung.»

    1965 hängt er die Wettkampfstiefel trotzdem an den Nagel. Privat findet er aber weiterhin sein Glück auf dem Rücken der Pferde. Er reitet bis ins 80. Lebensjahr. Dann ist auch damit Schluss – denn die Folgen eines möglichen Unfalls bergen ein zu grosses Risiko. Im Geschäftsleben hat er allerdings nie zurückgesteckt. Haefner arbeitet, bis er 95 ist.

    Die Ernsthaftigkeit, mit der er an den Aufbau seines Gestüts in Irland heranging, liess nie Zweifel am Gelingen offen. Die erste Zuchtstute wurde 1962 im französischen Deauville erstanden – für den damaligen Rekordpreis von 138'000 Francs. Dabei handelte es sich um Spice II, ein edles Pferd aus der Zucht von Baron Guy de Rothschild. Walter Haefner kauft fortan nur Stuten, die sich bereits selber auf dem Rennfeld bewährt haben – oder aber mit Siegen gekrönte Fohlen zur Welt gebracht haben.

    Die Pferdezucht braucht vor allem eines: Geduld. Denn die Tragzeit beläuft sich auf rund 11 Monate. Weitere zwei Jahre ziehen ins Land, bis der junge Galopper seine Spurtfähigkeiten auf der Rennbahn beweisen kann. Der Besitzer weiss erst dann, ob sich seine Investitionen auszahlen werden. Walter Haefner hat von Anfang an keine Kompromisse gemacht – und mit seinem Moyglare Stud in den Anfangsjahren nur eine Strategie verfolgt: «Breed to sell» (dt. züchten, um zu verkaufen). Der ausserordentliche Erfolg seiner Pferde gibt ihm Recht. So kauft ihm Scheich Mohammed 1984 einen Jährling für 3,1 Millionen Guineas ab (rund 5,2 Millionen Franken). Es ist auch Haefners Gestüt, das – als eines der ersten Europas – die eigenen Stuten regelmässig zur Deckung in die USA ausfliegt. Anfang der 80er-Jahre erfolgt die Ausrichtung seines Hofs neu: Das Gewinnen von Rennen bekommt den Vorrang, die neuen Fohlen werden nicht mehr weiterverkauft. Siege von Rennpferden wie «Go and Go» (gewinnt 1990 die US-Triple-Crown in Belmond Stakes; New York) oder «Dance Design» (siegt 1996 beim Irish Oaks in Curragh) machen das Moyglare Stud weltweit berühmt. Die Anerkennung von Haefners Verdiensten im Bereich der Pferdezucht geht sogar so weit, dass ihn die National University of Ireland mit einem Ehrendoktortitel auszeichnet. Heute hat nun seine Tochter Eva-Maria Bucher-Haefner die Gesamtverantwortung für das Moyglare Stud übernommen und führt das Gestüt mit grossem, persönlichem Engagement erfolgreich weiter. Wer aus dem Nichts heraus ein Pferdeimperium aufbauen kann, braucht Weitsicht und die besten Ressourcen. Darauf hat Walter Haefner in seiner ganzen Geschäftslaufbahn vertraut. Darum erstaunt die folgende Aussage nicht: «Meine Erkenntnis aus dem Geschäftsleben ist: Wenn alle sagen, hör auf, es ist hoffnungslos – dann stehen oft die grössten Erfolge bevor.»